Samstag, 4. April 2009

I predict a riot...

And I was right. Das Treffen der G20 war natürlich Thema dieser Woche, und hier, durch die Nähe zum Austragungsort, gar schon länger. Doch zumindest die Ereignisse der letzten zwei Tage wurden auch von der deutschen Presse beachtet – spiegelonline hatte gar einen liveticker zu den Protesten eingerichtet.

Tatsächlich sorgte das Treffen der 20 wichtigsten Industrienationen schon Mitte letzter Woche für Diskussionen auf dem Campus der UEL. Chris Knight, Professor für Kulturanthropologie, hatte sich als eifriger Protestler betätigt. Nachdem die Anwesen (ehemals) führender Banker angegriffen und beschädigt worden waren, soll er in einer seiner Vorlesungen den, zugegebenermaßen politisch unklugen, Satz fallen gelassen haben, dass es diesen ganz recht geschehe. Ob dies nun nur als Auslöser diente oder als Grund an sich ausreichend war, die Universität suspendierte ihn daraufhin bis auf weiteres, was Medien und Öffentlichkeit, vor allem aber Studenten, bereits gegen die Universitätsleitung aufbrachte.

Das sollte allerdings noch getoppt werden. Für Mittwoch und Donnerstag war, zeitgleich mit den wichtigsten Treffen der G20, in den Räumen der Universität ein „Alternative G20 Summit“ geplant, das Professor Knight maßgeblich mit organisiert hatte. Das Treffen sollte von größerem Maß sein und durchaus über einen gemütlichen Revoluzzer-Tee hinausgehen. Als Redner waren unter anderem der ehemalige Mayor of London Ken Livingstone (der es übrigens bei der nächsten Wahl wieder versuchen will) sowie prominente Parlamentsmitglieder und Journalisten erwartet.

In der Nacht von Montag auf Dienstag entschied sich die Universitätsleitung dann kurzfristig, die Universität an besagten Tagen komplett zu schließen. Als Grund wurde auf Flyern die „potentielle Gefahr für Studenten und Mitarbeiter“ angegeben, was eher allgemeines Gelächter als Verständnis hervorrief. Als Folge der Schließung musste nicht nur das alternative Treffen, sondern auch sämtliche Lehrveranstaltungen für diese Tage abgesagt werden. Die vermeintlich politisch motivierte Schließung rief sofort Protest von allen Seiten hervor, doch trotz einer schnell gestarteten Petition des Lehrendenverbunds blieb die Uni an beiden Tagen zu. Aufgrund potentieller Gefahren. Tatsächlich ist der Campus nur wenige hundert Meter vom ExCeL entfernt, dem Kongresszentrum in dem die meisten Treffen abgehalten wurden. Tatsache ist aber auch, dass der City-Flughafen, der auf gleicher Höhe wie der Campus liegt und dessen Einflugschneise direkt am ExCeL vorbeiführt, seinen Flugplan nicht im geringsten einschränkte.

Aber wer keine Uni hat, hat mehr Zeit, selber protestieren zu gehen. Dumm gelaufen, wa?

Zugegebenermaßen etwas neugierig, machte ich mich am Mittwoch auf in die Stadtmitte, um die Proteste zu verfolgen, die vor allem um die Bank of England stattfinden sollten. Mit meiner Erwartungshaltung war ich nicht allein, die meisten Banken hatten sich ihrerseits bereits vorbereitet:

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Zuerst aber stattete ich dem sogenannten Clima-Camp einen Besuch ab, das mittels schnell entfaltbarer Zelte in der Nähe von Liverpool Street Station am Morgen auf einer wichtigen Verkehrsstraße „errichtet“ worden war. Was einiges Interesse von verschiedenen Seiten hervorrief:

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Die Polizei war natürlich präsent, hielt sich jedoch sehr zurück. Die Bewohner des Camps waren offensichtlich sehr kooperativ. Schon fast langweilig, oder?

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Mit soviel Friede, Freude und Eierkuchen war vor der Bank of England nicht zu rechnen. Tatsächlich hatte die Metropolitan Police hier bereits um die Mittagszeit Probleme, die Leute unter Kontrolle zu halten. Was dazu führte, dass das gesamte Areal gesperrt wurde. Zwei Reihen Polizei trennten nun die Protestierenden in Innen und Außen, und man (also auch ich) kam weder rein noch raus. Dabei wollten das nicht wenige, am Abend zeigte das Fernsehen Bilder von Menschen, die nach Hause gehen wollten und nicht konnten. Die meisten hatten es sich aber, mit teilweise interessanten Forderungen, gemütlich gemacht und dachten nicht daran, abzuziehen.


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So vom Zentrum des Protestes abgeschnitten, tigerte ich einmal um das Gebiet herum, aber natürlich war das Bild an jeder Seitenstraße dasselbe.

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Als ich wieder zuhause ankam, setzte die Polizei bereits Tränengas und Schlagstöcke gegen die innere Gruppe ein, nachdem ein paar Protestierende ins Gebäude der Bank of England eingedrungen waren, und andere begannen, das nahe Büro der Royal Bank of Scotland auseinander zu nehmen.

Links:

Hier gibt es einen Kommentar im Guardian von einem unserer Kulturprofs, der sich zur Schließung der Uni äußtert.

Hier kann man sehen wie es aussieht wenn richtige Fotografen vom Protest berichten... vor allem aus dem inneren Kreis heraus, in den ich nicht hinein durfte. Der Bigpicture gehört übrigens sowieso in jeden Feed-Reader.

Und als kleines Update zum Beitrag von letzter Woche: Wer auf den Link zum Blog meiner Mitbewohnerin geklickt hat, wird über unser kleines Feuerchen gelesen haben. Inzwischen lachen wir darüber (ich zumindest), aber in dem Moment (6 Uhr morgens, nicht unbedingt nüchtern) war es natürlich etwas dramatisch. Gundu's Blog war nicht besonders spezifisch hinsichtlich unseres ausgeklügelten Löschversuchs, was ich an dieser Stelle einmal aufklären möchte. In Ermangelung eines Feuerlöschers oder ähnlichem, habe ich am Ende einfach ein geschirrtuch in das Loch hinter dem Schalter gesteckt, aus dem das Feuer kam, in der Hoffnung, das Feuer so zu ersticken. Was dann auch gut geklappt hat, und auf jeden Fall schlauer war, als Wasser über die Leitungen zu schütten. Inzwischen ist neben bei bemerkt alles wieder repariert, nur die verrußte Wand wird dort wohl noch eine Zeit lang bleiben.

Hiermit möchte ich jedenfalls das heldenhafte Geschirrtuch ehren.

towel1klein

1 Kommentar:

Hansi hat gesagt…

Und Du warst wieder mal mittendrin mein Kleeener...
Hast De gut gemacht....
Solange die Knochen heile bleiben.
Ich hoffe Du hast die Hochzeit gut überstanden und gehst wieder Deinem Tagwerk nach...
Man sieht sich