Sonntag, 30. August 2009

I lived by the river.

Wenn das mal nicht mein letzter Eintrag wird. Inzwischen bin ich fast zwei Wochen wieder im Land der Bratwurst und blicke immernoch mit ein wenig Wehmut nach London, auch wenn man sich mit der Zeit daran gewöhnt, wieder da zu sein.
Am Freitag vor meiner Heimreise wollte ich noch eines meiner Vorhaben realisieren, die ich schon lange hatte und doch nie geschafft habe: Die Tower Bridge bei Sonnenaufgang erleben. Meinen Überlegungen nach müsste die Sonne im Sommer ziemlich genau dahinter aufgehen, und es erschien mir als ein passendes Projekt zum Abschluss meines Jahres (meiner elf Monate). Die Tower Bridge ist gewissermaßen das Tor zu London, eines der prominentesten Sehenswürdigkeiten und als ich im September letzten Jahres nach London kam, habe ich meine erste Tour durch die Stadt hier angefangen. Ich finde es ist ein guter Ort zum anfangen. Und deshalb vielleicht auch kein schlechter Ort um aufzuhören.

Also Wecker auf vier Uhr, und los. Die Stadt ist nie ruhig oder leise, aber trotzdem fehlt zu dieser frühen Stunde etwas von der normalen Unentspanntheit. Nach zwanzig Laufminuten angekommen, musste ich leider feststellen, dass mir der englische Morgennebel wohl einen Strich durch das Sonnenaufgang-Vorhaben machen würde. Bösartige Anmerkungen zum englischen Wetter mögen hier nun akzeptiert werden (aber nur hier).
Aus der etwas nebligen Situation haben sich aber dennoch sehr schöne Lichtsituationen ergeben, bevor es in grauen Lichtbrei Tag wurde.


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Mit diesen möchte ich meinen Blog nun abschließen. Ich möchte allen treuen Lesern danken und hoffe ich konnte etwas unterhalten. Zum Abschluss bleiben mir noch zwei Dinge zu sagen: Wer noch nie in London war: fahren!! Ich bin auch jederzeit bereit potenziellen Besuchern Tippsmitzugeben. Und wer die Gelegenheit hat mit Erasmus (oder auch ohne) ins Ausland zu gehen: machen!!

Dienstag, 25. August 2009

Paa Joe Kolo

Ich traf Joe an meinem letzten Arbeitstag in London auf dem Nachhauseweg. Zwischen den Seminarsräumen und der tube-station liegt der Kennington Park, sehr idyllisch mit kleinem Café, Spielplatz, Holzbänken und Hinweisschildern die "turnierähnliches" Fussballspielen verbieten. Kicken ist erlaubt, es ist jedoch verboten mittels Tor-ähnlicher Konstruktionen eine Art Spielfeld zu schaffen. Auf den Spielplatz fielen regelmäßig unsere Seminarsteilnehmer ein um ihre Aufgaben zu erfüllen.

Auf dem Weg nach Hause fiel mir jedenfalls dieser Typ auf, der da im Park Klarinette übte. Ich bin ja sonst eher schüchtern, aber dieses Mal habe ich mich überwunden und ihn gefragt ob ich ein paar Bilder machen kann. Er fand das auch gleich super unter der Voraussetzung dass er ein paar geschickt bekommt. Weitere Worte spare ich mir jetzt mal, sondern "lasse die Bilder sprechen".


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Dienstag, 18. August 2009

Confidence is a preference for the habitual voyeur of what is known as...

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Einige meiner Leser werden es wissen und ich habe es auch an dieser Stelle bereits angedeutet, ich habe in den letzten Wochen in London bei einem Jugendprojekt der Fotoschule Zoom In assistiert. Damit sich der geneigte Leser eine Vorstellung davon machen kann, um was es dabei geht, möchte ich den heutigen Post jenem Projekt widmen.
Bei "From Seeing to Showing" handelt es sich um ein Projekt für Jugendliche, denen Grundprinzipien der Fotografie beigebracht werden und die am Ende auf ihrer eigenen Ausstellung die Ergebnisse Verwandten, Freunden und jedem der sonst noch vorbei schaut vorstellen dürfen. Zwar geht das Projekt noch bis Ende nächster Woche, aber leider bin ich seit gestern wieder in Deutschland und kann deswegen beim Grande Finale nicht dabei sein.
Das Projekt hat mir großen Spaß gemacht, es ist toll zu sehen wie man etwas das man selber gerne tut teilen und andere dafür begeistern kann. Die meisten Teilnehmer hatten vorher nie eine „richtige“ Kamera in der Hand und über die zwei Wochen, die jeder an dem Projekt teilnimmt ist bei allen ein deutlicher Fortschritt zu erkennen. Dabei werden vor allem grundsätzliche Dinge vermittelt: Blende, Belichtungszeit, einfache Komposition. Außerdem soll gefördert werden wozu der Seminarsleiter mit „communication skills“ referiert. Der ist übrigens, wie die meisten meiner Mitassistenten, „richtiger“ Fotograf und ich erlaube mir hier einfach mal seine Homepage zu verlinken: www.adrianwood.com
Jede Woche Freitags findet ein Ausflug statt, der mir in der ersten Woche den Eintritt in den London Zoo ermöglicht hat. In der folgenden Woche ging es ans Südufer der Themse, für etwas Street Photography. Das kann dann etwa so aussehen...

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Das Südufer zwischen Westminster und London Bridge ist immer voller Menschen, Touristen wie Londoner in der Mittagspause. In der Nähe des London Eye versuchen Street Artists auf sich aufmerksam zu machen. Manchmal mehr, manchmal weniger erfolgreich...

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Kleines Beispiel: Eine der Techniken die wir versuchen zu vermitteln ist das so genannte "panning". Dabei wird die Belichtungszeit relativ lang eingestellt und während der Aufnahme ein bewegendes Objekt „verfolgt“. Bekommt man es gut hin, ist das sich bewegende Objekt scharf und der Rest verwischt. Es ist allerdings dann einfach Übungs- und Gefühlssache, ein Gefühl für die Bewegung zu bekommen.

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Ich habe es bereits angedeutet, ich habe gestern London verlassen und bin wieder im schönen Bratwurst-Land (es versuchen sich zwar auch die Engländer an Würsten, aber meiner Meinung nach mit desaströsen Folgen). Nichtsdestrotrotz habe ich noch Material und Willen für einen oder zwei weitere Blogeinträge. Sobald ich während den nächsten Tagen dazu komme, werde ich diesen Blog gebührend abschliessen.
Also noch kein farewell, see you soon!

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Sonntag, 26. Juli 2009

London Zoo

Am Freitag war ich im London Zoo. Davon hatte mich der exorbitante Eintrittspreis von 17 (!!!) Pfund bisher abgehalten, aber im Rahmen des Fotoprojekts, an dem ich im Moment teilnehme, wurde mir der freie Einlass gewährt. Das musste dann natürlich auch ausgenutzt werden! Es gibt nämlich viel zu sehen im London Zoo, der sich innerhalb des Regents Park im Nordwesten der City befindet.
Dabei hat der Zoo gar keine besonders seltenen Tiere. Aber wer einen Tag dort verbringt, merkt wie sehr darauf geachtet wird, dass der Zoobesuch auch tatsächlich eine Art „Erlebnis“ wird. Jeden Tag werden kleine Shows veranstaltet, bei denen die Tiere zu Demonstrationszwecken aus ihren Käfigen geholt werden. So besuchte ich beispielsweise eine Raubvogel- und eine Spinnenshow (ja ich weiß, ihhhh, aber ich vertrete ja den Standpunkt dass die wirklich großen Spinnen schon wieder zu groß und fellig sind um wirklich eklig zu sein). Es gibt weiterhin begehbare Gehege für Affen und Vögel. Natürlich hatte ich meine Kamera dabei und die Ergebnisse sind im folgenden zu bestaunen.

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Mittwoch, 8. Juli 2009

Come on youth, don't give in

It's okay to have scars
They will make you who you are
It's okay to have fear
Because that means you aren't scared of coming here


- Slow Club. Also diese beiden:


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Gestern war ich im Pure Groove, einem Plattenladen nahe Farringdon. Dort gab es um halb acht einen kleinen In-store Gig von Slow Club, einer kleinen Band, die gerade ihr erstes Album veröffentlicht.
Dass Bands kleine, kostenlose Konzerte in Plattenläden spielen um ihre Platten zu promoten ist hier sehr normal. Und dieser Umstand betont die zentrale Position Londons für Musik aus dem Land des Brit Pop. Abgesehen davon dass es hier auch genug Plattenläden gibt, die das möglich machen.
Slow Club habe ich das erste Mal vor Weihnachten auf dem Weihnachtskonzert des Labels Moshi Moshi gesehen. Charles und Rebecca schreiben und singen sehr schöne Songs, die sie zur Hälfte unplugged gespielt haben, was die Intimität in dem kleinen Laden noch einmal erhöhte (es waren etwa 40 Leute gekommen) In meinem Halbwissen würde ich ihre Musik mal Folk nennen (auf diese Definition wird keine Gewähr gegeben). Beide sehr sympathische Menschen. Nicht nur weil sie mich fotografieren ließen.


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Für den letzten Song Christmas TV, einen ihrer schönsten, kamen die beiden von der „Bühne“ und spielten mitten im Publikum.

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http://www.myspace.com/slowclub

Samstag, 4. Juli 2009

Waterloo Sunset

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Dirty old river, must you keep rolling
Flowing into the night
People so busy, makes me feel dizzy
Taxi light shines so bright
But I dont need no friends
As long as I gaze on waterloo sunset
I am in paradise


Every day I look at the world from my window
But chilly, chilly is the evening time
Waterloo sunsets fine

- Kinks

So langsam senkt sich die Sonne auch über meiner Zeit in London. Mit Juli ist der wahrscheinlich letzte Monat angebrochen, der mir in dieser wundervollen Stadt bleibt. Ich bin jetzt hier seit genau 290 Tagen, und fühle mich nicht mehr als Gast. Zwar wäre es naiv zu behaupten ich würde die Stadt wirklich kennen. Aber ich habe gelernt, dass die wenigsten Menschen die hier leben London wirklich kennen.

Vielleicht abgesehen von den Taxifahrern. Auf die Prüfung zur Lizenz muss man sich ein Jahr vorbereiten, weil der Maßstab so hoch ist. Was einer der Gründe ist, warum es zu wenige Black Cabs gibt, was wiederum überall private Taxi-Unternehmen, so genannte Mini-Cabs, aus dem Boden sprießen lässt. Aber das ist eine andere Geschichte.

Die Stadt ist einfach zu groß um sie so zu kennen wie man vielleicht Frankfurt kennen kann. In besagten 290 Tagen habe ich es nicht geschafft, alle wichtigen Museen zu besuchen. Genauso verhält es sich aber mit Clubs, Märkten oder Galerien. An einigen Punkten werde ich im nächsten Monat noch arbeiten. Abgesehen davon habe ich mich von Anfang an Attraktionen wie dem London Eye, dem Tower oder Madame Tussaud's grundsätzlich verweigert.

Achso, das Bild ist - natürlich - von unserer Terrasse aus aufgenommen. Also nicht direkt bei Waterloo.

Mittwoch, 1. Juli 2009

I'm going underground...



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Aus sicherer Quelle weiß ich, dass einer der Gallaghers (dafür, welcher es war, reicht mein Gedächtnis dann doch nicht) auf die Frage, was für Musik bei seinem Begräbnis gespielt werden solle, diesen Song genannt hat. Going Underground von Paul Weller. Sehr nett.
Nun ist es relativ unwahrscheinlich, dass egal welcher der beiden auf der Highgate Cemetery seine letzte Ruhe finden wird. Was schade ist, denn die Struktur dieses Friedhofs würde sich anbieten: Eine breite Straße teilt die Ruhestätte in zwei Teile, East und West. So könnte sichergestellt werden, dass nachts der Friedhof von unflätigen Beschimpfungen verschont bleibt.
Doch auch ohne die beiden Gallaghers (sie leben ja sowieso noch, soweit ich weiß, zumindest haben sie vor übernächstes Wochenende ein Konzert in London zu spielen) ist der Friedhof in der Nähe von Hampstead Heath, im nördlichen Teil Londons, auf jeden Fall einen Besuch wert. Er ist einer der so genannten Magnificent Seven, sieben während dem 19. Jahrhundert gebaute Friedhöfe. Neben Karl Marx liegt hier die Hälfte der wichtigen Männer, die im viktorianischen London gelebt haben.
Dabei muss, wer Karl Marx sehen will, oder viel mehr sein Grab, den östlichen Teil des Friedhofs betreten. Meiner Meinung nach ist der Westflügel allerdings um einiges interessanter. Weniger aufgrund der hier Beerdigten, sondern weil die „Bevölkerung“ dieses Teils schon seit Jahrzehnten nicht mehr anwächst. Das einzige was hier wächst, sind Bäume und Blumen. Uralte Gräber reihen sich aneinander und sind teilweise komplett überwachsen, halb zerfallene Statuen ragen aus einem Meer grüner Blätter hervor, die Natur ist mit den Überresten menschlichen Eingriffs verschmolzen. Leider ist der Westteil nur unter Führung und gegen fünf Pfund zu besichtigen, aber es lohnt sich auf jeden Fall und die aus den wenigen Besuchern resultierende Stille trägt sicher zur Faszination des Ortes bei.



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Kleines Detail am Rande: Die meisten Gräber sähen deutlich unspektakulärer aus, wenn der Engländer in der Zeit von Queen Victorias Regentschaft nicht so vom Tod besessen gewesen wäre.



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Wer einmal sehen will, wer denn so alles hier liegt, kann sich der Auflistung auf wikipedia bedienen.



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P.S.: Wer meine Rat annimmt, kann sich bei schönem Wetter direkt im nahen Hampstead Heath abkühlen. Der Park ist groß, realtiv naturbelassen und bietet zur Abkühlung mehrere Badeteiche - in einigen darf sogar mit dem anderen Geschlecht geplanscht werden.

Dienstag, 9. Juni 2009

I don't wanna go out

Es ist nun inzwischen anderthalb Monate her, aber mir sind heute die Bilder von Graham Coxon's Instore im Pure Groove wieder in die Hände gefallen, die ich euch nicht vorenthalten möchte. Also werde ich, bevor demnächst das Best-of meines Wales-Trips hier zu bewundern sein wird (Details folgen ebenfalls) erst einmal Mr. Coxon die Ehre erweisen.

Am 18. April war Record Store Day, und in den meisten Plattenläden in London (und ja, davon gibt es hier noch ein paar, sie haben es nicht leicht, doch halten sich tapfer) fanden kleine Konzerte statt.
Als Hintergrundinformation soll hier angeführt werden dass Graham Coxon der ehema-, nein, einfach der Gitarrist von Blur ist (die kürzlich Reunion gefeiert haben). Während Blur in den letzten acht Jahren auf Eis lag war Graham solo unterwegs, wie ich finde, recht erfolgreich. Wen es interessiert: Er denkt garnicht daran seine Wohnung in Camden, dem etwas heruntergekommenen In-Viertel im Norden Londons, aufzugeben und ins edlere Bayswater zu ziehen oder gar in die countryside zu gehen und ins Käsegeschäft einzusteigen.













I... don't wanna go out
I... don't wanna stay in
I'll sit inside my room and vandalise my dirty mind
I won't get any food but then I'll eat myself alive

Montag, 18. Mai 2009

I think you better run, run, run...

Nach wochenlanger Stille gibt es nun mal wieder ein „Hallo“ aus London. Zu meiner Verteidigung möchte ich anführen, dass mein Speicherkartenlesegerät verschollen war und ich mich daher außerstande sah, einen sehenswerten Eintrag zu verfassen. Nun muss ich aber ehrlicherweise gestehen, dass ich nicht nur seit bereits über einer Woche wieder ein Lesegerät habe, nein, es war auch noch meine eigene Zerstreutheit, die mich mein Lesegerät in einem Hotelzimmer vergessen ließ. Darauf ließe sich antworten, dass ich seit zwei Wochen nicht nur ständig Besuch, sondern auch noch ein bisschen Arbeit für die Uni zu erledigen habe. Das könnte man wahrscheinlich noch eine Weile so weiterführen, aber im Interesse des Lesers überspringe ich diesen Teil einfach mal und komme zum Inhalt des heutigen Beitrags.

Durch oben genannte Umstände etwas verzögert, geht es heute um den London Marathon, der, wie ich zu meiner Schande gestehen muss, bereits am 26. April statt fand. Der London Marathon, wenn auch nicht so groß wie der jährliche Lauf in New York, zieht dennoch jedes Jahr 150.000 Bewerber an (von denen allerdings nur 36.000 aus Platz- und Zeitgründen zugelassen werden). Wie man das von ähnlich populären Läufen kennt, sind dabei immer originelle Kostüme dabei. Da die Strecke auch durch East London, genauer die Commercial Road führte, konnten meine Mitbewohnerin und ich bequem zum Ort des Geschehens laufen. Wer hier das erste Mal vorbeikam, hatte bereits halb Süd London durch- und die Tower Bridge überquert, und die Hälfte der Gesamtdistanz hinter sich gebracht. Die gesamte Strecke war natürlich gesäumt von anfeuernden Zuschauern.

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Wer das zweite Mal vorbeikam, hatte außerdem Canary Wharf hinter sich gebracht und war nur noch ein paar Meilen vom Zieleinlauf entfernt. Da kamen die führenden Läufer und die früher gestarteten Handbiker vorbei.

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Wie gesagt, der Lauf zieht auch kuriosere Gestalten an, an zweitem, wie Insider wissen werden, war mri natürlich besonders gelegen.

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Es ging tatsächlich “heiß her”, unter den Kostümen wurde den Laufenden sicher recht schnell ziemlich warm. Als ob man nciht genug schwitzen würde, wenn man einen Marathon läuft. Wen es interessiert: Eine Banane, leider hier nicht abgebildet, war am Ende das schnellste Kostüm.

In gewohnt unsportlicher Manier reagierten meine Mitbewohnerin Gundu und ich auf die steigenden Temperaturen im Sonnenschein, zugegebenermaßen nicht ganz fair denkeuchenden und schwitzenden Läufern gegenüber.

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Soviel dazu erstmal. In den letzten Wochen hat sich natürlich Material angesammelt, so dass die nächsten Einträge nun schneller folgen sollten.

Samstag, 4. April 2009

I predict a riot...

And I was right. Das Treffen der G20 war natürlich Thema dieser Woche, und hier, durch die Nähe zum Austragungsort, gar schon länger. Doch zumindest die Ereignisse der letzten zwei Tage wurden auch von der deutschen Presse beachtet – spiegelonline hatte gar einen liveticker zu den Protesten eingerichtet.

Tatsächlich sorgte das Treffen der 20 wichtigsten Industrienationen schon Mitte letzter Woche für Diskussionen auf dem Campus der UEL. Chris Knight, Professor für Kulturanthropologie, hatte sich als eifriger Protestler betätigt. Nachdem die Anwesen (ehemals) führender Banker angegriffen und beschädigt worden waren, soll er in einer seiner Vorlesungen den, zugegebenermaßen politisch unklugen, Satz fallen gelassen haben, dass es diesen ganz recht geschehe. Ob dies nun nur als Auslöser diente oder als Grund an sich ausreichend war, die Universität suspendierte ihn daraufhin bis auf weiteres, was Medien und Öffentlichkeit, vor allem aber Studenten, bereits gegen die Universitätsleitung aufbrachte.

Das sollte allerdings noch getoppt werden. Für Mittwoch und Donnerstag war, zeitgleich mit den wichtigsten Treffen der G20, in den Räumen der Universität ein „Alternative G20 Summit“ geplant, das Professor Knight maßgeblich mit organisiert hatte. Das Treffen sollte von größerem Maß sein und durchaus über einen gemütlichen Revoluzzer-Tee hinausgehen. Als Redner waren unter anderem der ehemalige Mayor of London Ken Livingstone (der es übrigens bei der nächsten Wahl wieder versuchen will) sowie prominente Parlamentsmitglieder und Journalisten erwartet.

In der Nacht von Montag auf Dienstag entschied sich die Universitätsleitung dann kurzfristig, die Universität an besagten Tagen komplett zu schließen. Als Grund wurde auf Flyern die „potentielle Gefahr für Studenten und Mitarbeiter“ angegeben, was eher allgemeines Gelächter als Verständnis hervorrief. Als Folge der Schließung musste nicht nur das alternative Treffen, sondern auch sämtliche Lehrveranstaltungen für diese Tage abgesagt werden. Die vermeintlich politisch motivierte Schließung rief sofort Protest von allen Seiten hervor, doch trotz einer schnell gestarteten Petition des Lehrendenverbunds blieb die Uni an beiden Tagen zu. Aufgrund potentieller Gefahren. Tatsächlich ist der Campus nur wenige hundert Meter vom ExCeL entfernt, dem Kongresszentrum in dem die meisten Treffen abgehalten wurden. Tatsache ist aber auch, dass der City-Flughafen, der auf gleicher Höhe wie der Campus liegt und dessen Einflugschneise direkt am ExCeL vorbeiführt, seinen Flugplan nicht im geringsten einschränkte.

Aber wer keine Uni hat, hat mehr Zeit, selber protestieren zu gehen. Dumm gelaufen, wa?

Zugegebenermaßen etwas neugierig, machte ich mich am Mittwoch auf in die Stadtmitte, um die Proteste zu verfolgen, die vor allem um die Bank of England stattfinden sollten. Mit meiner Erwartungshaltung war ich nicht allein, die meisten Banken hatten sich ihrerseits bereits vorbereitet:

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Zuerst aber stattete ich dem sogenannten Clima-Camp einen Besuch ab, das mittels schnell entfaltbarer Zelte in der Nähe von Liverpool Street Station am Morgen auf einer wichtigen Verkehrsstraße „errichtet“ worden war. Was einiges Interesse von verschiedenen Seiten hervorrief:

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Die Polizei war natürlich präsent, hielt sich jedoch sehr zurück. Die Bewohner des Camps waren offensichtlich sehr kooperativ. Schon fast langweilig, oder?

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Mit soviel Friede, Freude und Eierkuchen war vor der Bank of England nicht zu rechnen. Tatsächlich hatte die Metropolitan Police hier bereits um die Mittagszeit Probleme, die Leute unter Kontrolle zu halten. Was dazu führte, dass das gesamte Areal gesperrt wurde. Zwei Reihen Polizei trennten nun die Protestierenden in Innen und Außen, und man (also auch ich) kam weder rein noch raus. Dabei wollten das nicht wenige, am Abend zeigte das Fernsehen Bilder von Menschen, die nach Hause gehen wollten und nicht konnten. Die meisten hatten es sich aber, mit teilweise interessanten Forderungen, gemütlich gemacht und dachten nicht daran, abzuziehen.


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So vom Zentrum des Protestes abgeschnitten, tigerte ich einmal um das Gebiet herum, aber natürlich war das Bild an jeder Seitenstraße dasselbe.

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Als ich wieder zuhause ankam, setzte die Polizei bereits Tränengas und Schlagstöcke gegen die innere Gruppe ein, nachdem ein paar Protestierende ins Gebäude der Bank of England eingedrungen waren, und andere begannen, das nahe Büro der Royal Bank of Scotland auseinander zu nehmen.

Links:

Hier gibt es einen Kommentar im Guardian von einem unserer Kulturprofs, der sich zur Schließung der Uni äußtert.

Hier kann man sehen wie es aussieht wenn richtige Fotografen vom Protest berichten... vor allem aus dem inneren Kreis heraus, in den ich nicht hinein durfte. Der Bigpicture gehört übrigens sowieso in jeden Feed-Reader.

Und als kleines Update zum Beitrag von letzter Woche: Wer auf den Link zum Blog meiner Mitbewohnerin geklickt hat, wird über unser kleines Feuerchen gelesen haben. Inzwischen lachen wir darüber (ich zumindest), aber in dem Moment (6 Uhr morgens, nicht unbedingt nüchtern) war es natürlich etwas dramatisch. Gundu's Blog war nicht besonders spezifisch hinsichtlich unseres ausgeklügelten Löschversuchs, was ich an dieser Stelle einmal aufklären möchte. In Ermangelung eines Feuerlöschers oder ähnlichem, habe ich am Ende einfach ein geschirrtuch in das Loch hinter dem Schalter gesteckt, aus dem das Feuer kam, in der Hoffnung, das Feuer so zu ersticken. Was dann auch gut geklappt hat, und auf jeden Fall schlauer war, als Wasser über die Leitungen zu schütten. Inzwischen ist neben bei bemerkt alles wieder repariert, nur die verrußte Wand wird dort wohl noch eine Zeit lang bleiben.

Hiermit möchte ich jedenfalls das heldenhafte Geschirrtuch ehren.

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