Dienstag, 14. Oktober 2008

Camera Obscura

Als ich mir meine momentane Kameraausrüstung zusammengestellt habe, gab es leider eine Periode, in der ich die neue Kamera bereits in den Händen hielt, aber noch kein Objektiv hatte. Heiß darauf, die Welt abzulichten, ob sie will oder nicht, musste ich zur Selbsthilfe greifen. Und mir fiel wieder ein, nach welchen einfachen Grundprinzipien Fotografie doch eigentlich funktioniert.

Ich griff also zu dem, was verfügbar war.



Ich habe mir also ein "Lochobjektiv" gebaut, wer genau hinsieht, kann auf dem rechten Bild das Loch erkennen. Die Klopapierrolle ist übrigens nicht zu Dekozwecken gedacht, sondern als "Sonnenblende", um Reflektionen innerhalb des "Objektivs" zu vermeiden.

Einfachste Bauweise: Die Lochkamera. Das zugrundeliegende Prinzip der Camera Obscura ist bereits seit dem 18. Jahrhundert bekannt, und im Grunde funktionieren Kameras heute, egal ob digital oder analog, noch genauso. Das Licht fällt vom Objekt durch den focal point (also das Loch) auf Film/Papier/Spiegel/Aufnahmechip. Dabei bestimmt der Abstand vom focal point zum Medium, die sogenannte focal length (Brennweite), den Bildausschnitt. Das ist leicht nachzuvollziehen, wenn man die Grafik betrachtet - wäre der Abstand zwischen Loch und Abbildung nur halb so groß, wäre auch Big Ben nur halb so groß abgebildet.


(Bild zur freien Benutzung zur Verfügung gestellt von www.wikipedia.org)

Nach meinen Schätzungen sollte die Brennweite meines Pringles-Objektivs bei etwa 230-250 Milimetern liegen - relativ starker Tele also, so etwas sieht normalerweise so aus. Also die Dimensionen stimmen ja.

Natürlich sind meine Ergebnisse hier relativ stümperhaft, was der nicht ganz professionellen Bauart geschuldet ist. So ist ds Loch relativ groß, ich schätze mal etwa einen halben Milimeter, was zu Unschärfe und Kontrastarmut führt, vor allem bei der extremen Brennweite. Im Internet finden sich zahlreiche, teilweise beeindruckende Ergebnisse von Leuten die sich etwas mehr Mühe gemacht haben (siehe unten).
Die folgenden Bilder habe ich aus meinem Zimmer aufgenommen, zur Orientierung habe ich weiter unten die Totale (bei 18mm), mit meinem Sigma-Objektiv aufgenommen, angehängt. Damit man etwas mehr erkennt, sind die Beispielbilder ein wenig nachbearbeitet, vor allem der Kontrast ist erhöht. Das Orginal ist jeweils im kleinen Bild zu sehen.


Nr. 1 Fenster am Gebäude gegenüber.


Nr. 2 CCTV-Kamera am Gebäude gegenüber.


Nr. 3 Mülltonne und Fahrrad (leider war bei der Totalaufnahme die Mülltonne schon wieder weg)


Mein Ausblick.

Mal sehen, vielleicht verfeinere ich die Konstruktion ja noch - Pringles kosten hier ja auch nur umgerechnet einen Euro. Denn auch wenn ich jetzt ein "richtiges" Objektiv habe, hat mir die Aktion Spaß gemacht und ich fand es beeindruckend, was man mit einfachsten Mitteln erreichen kann. Als nach einigem Rumprobieren mit Belichtungszeit und Lichtempfindlichkeit auf einmal etwas Erkennbares auf dem Bildschirm erschien, das war faszinierend. Vor allem aber kann ich solche Experimente jedem empfehlen, der gern fotografiert. Einfach um besser zu verstehen, was eigentlich mit dem Licht passiert, wenn es in die Linse fällt. Reduziert auf das einfachste, wird einem klar, warum sich der Bildausschnitt verändert, wenn man das Objektiv dreht (also die Brennweite verändert), was die Größe der Blende mit der Tiefenschärfe zu tun hat, und warum denn eigentlich ein Aufnahmechip, der kleiner als ein 35mm Film ist, den Bildausschnitt verändert.

Links:
Deutsche Lochkamera-Seite: www.linsenfrei.de
Nicht abschrecken lassen vom Design: Ein paar wirklich gute Bilder findet man auf Dieters Lochkamera Seite
Wikipedia: Pinhole Camera
Wer zuviel Zeit hat: Sehr ausführlicher Artikel von Jon Grepstad

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Ich äh...find ja... bei den ersten beiden erkennt man auf dem kleinen Original mehr als auf dem nachbearbeiteten....

Aber coole Sache, so allgemein.